Situation und Nöte der Kommunen –
die Stadt Speyer berichtet
Impulsvortrag von Steffen Schwendy | 19.10.2019
Dipl.-Ing. Landespflege, Stadt Speyer, Grünflächenplanung
Vorstellung Speyer
über 2000-Jahre alte Ansiedlung am Rhein, im Südosten von Rheinland-Pfalz an der Grenze direkt zu Baden-Würtemberg. Grob zwischen Ludwigshafen und Karlsruhe gelegen. Regionalplanung sagt Mittelzentrum mit Funktionen eines Oberzentrums. So sind wir z. B. wichtige Schulstadt für die Region, die sich Metropolregion Rhein-Neckar nennt, mit weiteren wichtigen größeren Städten wie Ludwigshafen, Mannheim, Heidelberg.
50 000 EW, beengtes Stadtgebiet mit rd. 49 km², auf Innenentwicklung angewiesen. Das erhöht den Druck auf Freiflächen.
Geschichtlich wichtig ist die mittelalterliche Funktion als Freie Reichsstadt gewesen, Sitz zahlreicher wichtiger Reichstage insbesondere im Zusammenhang mit der Reformation.
Der Speyrer Dom, 1025 begonnen, größtes romanisches Bauwerk, UNESCO-Weltkulturerbe, interessante weitere touristische Ziele, die einen Besuch lohnen.
Profan könnten wir also sagen ein „beschauliches, pittoreskes Städtchen“ mit durchweg feierfreudigen Pfälzern, mehr oder weniger integrierten Zugereisten – zu denen ich mich auch zähle sowie etlichen schwierigen Zeitgenossen, die es in jeder anderen Stadt auch gibt.
Goethe: „Macht Euch auf nach Speyer“
Persönliche Vorstellung
Steffen Schwendy, Dipl.-Ing. Landespflege, über 30 Jahren Kommunal-Erfahrung im Bereich öffentlicher Grünflächen, davon gut 20 Jahre davon jetzt in Speyer. Damit auch zuständig für die Spielbereiche. In Speyer haben wir 50 Spielplätze als eigenständige Anlagen oder in Grünanlagen integriert. Diese stellen eine Spielfläche von rund 140 000 m² dar, die einer Spielfläche von 2,8 m² pro Einwohner entspricht Daneben haben wir 15 Außenanlagen an städtischen Kindertagesstätten und 11 Schulhöfe als Spielhöfe zu betreuen.
Dabei sind wir dann auch schon beim Thema. Ich soll Ihnen etwas über Sorgen und Nöte der Kommunen erzählen, die in Ihrer Erfahrung und Gemütslage vermutlich zwischen „vertraut, vorstellbar und egal“ angesiedelt sein dürften. Dass wir wenig Geld und Personal haben – wie alle anderen Städte auch – werden Sie sich denken können. Dass es Probleme mit Zerstörungen, Lautstärke, Verschmutzungen, Nachbarn gibt, kennen Sie aus Ihren eigenen Städten auch. Als eher technisch geprägte Fachleute nerven neuere Verwaltungserfordernisse, wie der nochmalige Kampf um bereits im Haushaltsplan genehmigte Gelder mit Erklärungen zur Unabweisbarkeit und Alternativlosigkeit, aufwändige Aktivierungen und Inventarisierungen. Das alles wird erschwert durch den Umstand, dass Grünflächenaufgaben noch immer im Verwaltungsdeutsch als „freiwillige“ – und damit verzichtbare – Leistungen angesehen werden. Da waren wir vor Kurzem mit dem Weißbuch der Bundesregierung schon mal wenigstens ein Stückchen weiter. Diese fortschrittlichen Überlegungen sind allerdings in der neuen Legislaturperiode im „Heimat-Museum“ verschwunden.
Wie gehen wir mit Spielplätzen in Speyer um?
Bevor bei uns Spielsituationen überhaupt entstehen, steht in der Regel das Gespräch am Anfang, z. B. mit Jugendlichen, mit Kindern und Erwachsenen/Nachbarn. Die durchaus unterschiedlichen Ergebnisse („Baumstäme zum Klätern“, gekennzeichnete Parkplätze, Rollator-Eignung) werden festgehalten und nach Möglichkeit auch mal gemeinsam umgesetzt. Dabei sollte beachtet werden, wer hier was in welcher Zeit schultern kann …
Allerdings ist Partizipation kein Allheilmittel, klappt auch nicht immer und bedeutet noch lange nicht, dass Sie als Spielplatzbetreiber „safe“ sind. Zum allgemeinen Beklagen finden sich noch immer ausreichend Gründe …
Problem 1: „Beteiligungselite“ – immer wieder erscheinen die gleichen „Nasen“ oder auch niemand
Problem 2: Nutzer möchten einen interessanten Spielplatz, Anwohner einen „ruhigen“ – berühmte Quadratur des Kreises
Problem 3: eierlegende Wollmilchsau – alle wollen alles: Bolzplatz, Kleinkinder, Sitzbänke, freies Internet, Ruhe
Problem 4: geäußert wird nur, was man kennt – so entstehen trotz Partizipation mitunter „langweilige Plätze“
oder Utopie „Schwimmbad, Kaugummiautomat, Schokoladenfabrik“
Das macht Partizipation erforderlich, die den Blick auf kreative Varianten und neue Angebote lenkt. Manchmal gelingt es auch, ein längerfristiges Engagement für einen Spielplatz im Wege einer Patenschaft hinzubekommen.
Spielen in Speyer
Soweit es möglich oder angebracht ist, versuchen wir bestimmte Besonderheiten des Ortes zu berücksichtigen.
Das Thema Inklusion auf Spielplätzen wurde bei uns erst vor knapp einem Jahr auf die Tagesordnung gehoben. Und ehrlich gesagt, habe auch ich mein Budget bisher lieber für Spielgeräte als für Einfriedungen, Wege und Einfassungen ausgegeben. Die Wichtigkeit aber auch solcher Elemente wird wohl auch aus dem bisher auf dieser Tagung Gehörten deutlich und schließlich können diese – kreativ gestaltet – ja durchaus auch Spielwert haben.
Im Frühjahr wurde dann einem Antrag im Stadtrat zugestimmt, das Engagement für Inklusion auf Spielplätzen zu stärken.
Wir bemühen uns in Speyer, verschiedene Spielangebote über die Stadt zu verteilen und immer wieder anders zu gestalten
Manchmal geht es auch darum, eine Spielsituation immer wieder anders zu erleben, z. B. Schaukeln: Tampenschwinger, Königinnenschaukel und Einpunktreifen, Kleinkindschaukeln und kleine Nestschaukeln, Fliegender Teppich.
Meist sollten sich neben jüngeren Kindern auch ältere Kinder und Jugendliche (Folie 24 BMX und Parcour, Folie 25 Basketball, Skater) sowie die Erwachsenen auf den Plätzen wohlfühlen. Es sollte im besten Fall die Lust entstehen, die Spielplätze und deren Besonderheiten im gesamten Stadtgebiet zu entdecken und Nutzungsdruck zu verteilen. So entstehen spezielle Spielstationen, die ein Spielen durch die Stadt spannend machen können
Bei den Angeboten für Jugendliche ist es allein aus Platzgründen sinnvoll, die „Spielbereiche“ zu separieren / Dirtstrecke und Parkour / Skaterpark und Bolz-Basketball Nonnenbachtal.
Bei einem komprimierten Stadtgebiet wie Speyer sind solche Angebote zum Glück dennoch relativ zentral. Die Erreichbarkeit ist also noch in Ordnung, selbst wenn sie eigentlich in Randgebieten angeordnet sind. Jugendliche haben in der Regel einen weiteren Aktionsradius, sind mobiler. Der Zoff mit den Anwohnern ist nicht direkt vorprogrammiert.
Natürlich sind auch unsere Spielplätze nicht alle toll, sie unterliegen dem Wandel des Baugebiets, in dem sie sich befinden, sie altern, werden nach und nach abgebaut, bis ein erneuter Wandel im Baugebiet die Neuentstehung des Platzes sinnvoll macht.
Welche Probleme haben wir, welche haben wir nicht?
- Spielregeln: „wir machen uns unsere eigenen Regeln“,
- abendliche bis nächtliche Nutzungen, verbunden mit Nachbarschaftsbeschwerden (Betreten verboten – bauen wir einen Zaun oder nicht? Achtung Inklusion!)
- Nutzungsansprüche: „wir dürfen das“, „wir wollen das“
- Selbstverständlichkeit bis zur Impertinenz „Darf alles gehen?“ auch mal Replik möglich oder nötig.
- Abarbeiten an öffentlichem Eigentum (Vandalismus), Grenze Zerstörung oder doch Spielwert und Selbstverwirklichung. Spuren hinterlassen / Wall of fame.
- Verschönerungen: „Was ist schön“, Möglichkeiten solche Verschönerungen zuzulassen? (Folie 39)
- Unerwünschte Biodiversität: Hunde, Katzen, Bienen, Wespen
- Ungenutzte Plätze
Zusammenfassend können wir sagen, unsere „Probleme“ sind überschaubar!!
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